„Kryolipolyse“ und “CoolSculpting” aus rechtlicher Sicht

Kryolipolyse und CoolSculpting sind Verfahren, die dazu dienen sollen, Fettpolster – vorrangig aus kosmetischen Gründen – zu reduzieren. Dies soll durch ein Ansaugen des Fettgewebes und der nachfolgenden Zerstörung von Fettzellen durch Einfrieren erfolgen. Die Wirksamkeit des Verfahrens ist wissenschaftlich umstritten.

Rechtlich betrachtet, steht das Thema aus zwei Gründen im Fokus:

– Handelt es sich bei entsprechenden Werbeaussagen um eine gesundheitsbezogene Werbung, so dass das heilmittelwerberechtliche Irreführungsverbot Anwendung findet?

– Erfordert die Ausübung eine Heilpraktikererlaubnis, weil es sich bei den Verfahren um Heilkunde handelt?

Werbeaussagen lauten unter anderem wie folgt:

„Mit dem modernen Verfahren Kryolipolyse bieten wir eine schonende Methode an, hartnäckige Fettpolster gezielt und nachhaltig zu reduzieren.“

Die Gerichte legen bei der Bewertung entsprechender Werbeaussagen jedoch einen strengen Maßstab an. Das OLG München (Urteil vom 14. Januar 2016 – 29 U 2609/15 –) formuliert dies wie folgt:

“Bei der Werbung für das Kryolipolyse-Verfahren handelt es sich um gesundheitsbezogene Werbung. Es mag zwar richtig sein, dass die Behandlung in erster Linie ästhetischen Zwecken dienen soll. Das angestrebte ästhetische Ziel soll aber durch eine Einziehung des Fettgewebes und die nachfolgende Zerstörung von Fettzellen und somit durch einen körperlichen Eingriff erreicht werden. Gesundheitsbezogene Werbung liegt nicht nur dann vor, wenn das angestrebte Ziel der Behandlung gesundheitsbezogen ist, sondern auch, wenn ästhetische Ziele durch Maßnahmen erreicht werden sollen, die in die körperliche Integrität eingreifen und dadurch Gesundheitsbezug haben.”

Gesundheitsbezogene Werbung liegt somit nicht nur dann vor, wenn das angestrebte Ziel der Behandlung gesundheitsbezogen ist, sondern auch dann, wenn ästhetische Ziele durch Maßnahmen erreicht werden sollen, die in die körperliche Integrität eingreifen und dadurch Gesundheitsbezug haben. Da Kryolipolyse ein Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten darstellt, findet das heilmittelwerberechtliche Irreführungsverbot Anwendung.

Anbieter müssen die beworbene Wirksamkeit deshalb hinreichend glaubhaft machen. Hierzu müssen wissenschaftliche Studien vorgelegt werden, die ausreichen, die angepriesenen Aussagenzu belegen. (OLG Celle, Beschluss vom 27. März 2017 – 13 U 199/16 –). Die Studien müssen sich dabei mit den Nebenwirkungen einer Behandlung und der Frage beschäftigen, ob der Behandlungserfolg dauerhaft ist.

Fazit: Eine Werbeaussage für die genannten Verfahren ist nur dann zulässig, wenn zum Zeitpunkt der Werbung wissenschaftlich anerkannte Studien vorliegen, die eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung der Werbeaussagen dokumentieren. Wichtig: Um dies auch in einem Gerichtsprozess zu verwerten, sollten die Studien jederzeit verfügbar sein und in deutscher Sprache vorliegen.

 

Kryolipolyse und CoolSculpting als Ausübung der Heilkunde?

Es stellt sich zudem die Frage, ob die genannten Verfahren Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes darstellen. In diesem Fall würde die Ausübung voraussetzen, dass der Anbieter Inhaber einer Heilpraktikererlaubnis ist. Ohne Heilpraktikererlaubnis käme in diesem Fall ein Verstoß gegen § 5 HeilprG in Betracht. Danach gilt:

Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Zudem könnten die Aufsichtsbehörden entsprechende Tätigkeiten untersagen.

Gemäß § 1 Abs. 1 HeilprG bedarf derjenige einer Erlaubnis, der die Heilkunde ausübt, ohne als Arzt bestallt zu sein. Nach Absatz 2 dieser Norm ist Ausübung der Heilkunde „jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.“

Eingriffe aus rein kosmetischen Gründen sollen das äußere Erscheinungsbild verbessern; sie erfolgen somit nicht zur Feststellung, Heilung oder Linderung einer Krankheit.  Mangels Heilungsabsicht unterfallen sie nicht dem Wortlaut der Heilkundedefinition. Diese Maßnahmen bergen teilweise jedoch ein erhebliches Risikopotential in sich. Dies illustriert das Beispiel der teilweise massiv in die körperliche Unversehrtheit der „Patienten“ eingreifenden Schönheitsoperationen. Der Patient ist bei kosmetischen Operationen, wie Fettabsaugung oder Nasenkorrektur, gleichermaßen gefährdet wie bei medizinisch notwendigen Operationen. Folgerichtig können aus teleologischen Überlegungen grundsätzlich auch rein kosmetisch motivierte Behandlungen – wie Kryolipolyse und CoolSculpting der Erlaubnispflicht unterfallen.

Bislang liegt (erst) eine gerichtliche Entscheidung vor. Das Verwaltungsgericht Augsburg (Beschluss vom 09. Januar 2017 – Au 2 S 16.1501) hat die Erlaubnispflicht mit folgender – auszugsweise zitierter – Begründung tendenziell bejaht, jedoch keine abschließende Bewertung vorgenommen.

Ausübung der Heilkunde nach § 1 Abs. 2 HeilprG ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG fallen darunter nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Heilbehandlungen, die nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erfordern und gesundheitliche Schäden verursachen können. Ärztliche Fachkenntnisse können erforderlich sein im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder auch schon im Hinblick auf die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden darf, ohne dass der Patient durch die Verrichtung selbst unmittelbar Schaden nimmt. Auch Tätigkeiten, die für sich gesehen ärztliche Fachkenntnisse nicht voraussetzen, fallen unter die Erlaubnispflicht, wenn sie nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben können. (…)

In Bezug auf die Kryolipolyse ist im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht hinreichend aufklärbar und daher offen, ob es sich dabei um die Ausübung der Heilkunde handelt. Das Kryolipolyse-Verfahren wird von der Antragstellerin zum Zwecke der Fettreduzierung angeboten. Damit wird zunächst nicht der Eindruck erweckt, es handle sich um eine Heilungsmethode für Krankheiten. Vielmehr bezieht sich die verwendete Formulierung offensichtlich auf rein ästhetische Veränderungen. Diese Annahme wird dadurch verstärkt, dass das Verfahren bei Adipositas explizit ausgeschlossen wird. Dass und welche Gesundheitsgefahren von dieser Methode und dem nach den Angaben der Antragstellerin nicht als Medizinprodukt geltenden Gerät „Lipo-Z“ ausgehen oder ob für die Anwendung medizinische Fachkenntnisse erforderlich sind, lässt sich aber nicht mit der hier notwendigen Bestimmtheit feststellen und kann jedenfalls nicht als sicher unterstellt werden. (…)

Die damit letztlich vorzunehmende reine Interessenabwägung fällt zu Ungunsten des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin aus. (…)

Vor diesem rechtlichen Hintergrund war im vorliegenden Fall in die Interessengewichtung und Interessenabwägung einzustellen, dass bei der Anwendung des Geräts „Lipo-Z“ zur Durchführung der Kryolipolyse-Behandlung durch die Antragstellerin nach den amtsärztlichen Feststellungen gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht unerheblicher Art der Kunden nicht ausgeschlossen werden können (z.B. Nekrosen). Diese Einschätzung, der aufgrund der gesetzlichen Aufgabenzuweisungen nach Art. 1 Abs. 3 Nr. 1, Art. 8, Art. 11, Art. 12 Abs. 1 Satz 3 GDVG besonderes Gewicht beizumessen ist, konnte die Antragstellerin – auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Dr. … vom 5. September 2016 – nicht in ausreichender Weise entkräften.

Insbesondere erscheint es auch trotz der Ausbildung der Antragstellerin als Pharmareferentin, der – jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids gegebenen – räumlichen Nähe eines Arztes und der in erster Linie kosmetischen Zielsetzung der Behandlung nicht ausgeschlossen, dass bei den Kunden Gesundheitsschädigungen eintreten, wenn z.B. unerkannte Kontraindikationen der vom Hersteller selbst aufgelisteten Art vorliegen (s. hierzu S. 100 der Gerichtsakte) und es der Antragstellerin obliegt, zu entscheiden, ob sie einen Arzt beizieht. Darüber hinaus erscheinen die für die gesundheitliche Unbedenklichkeit bedeutsamen Anwendungsmöglichkeiten des von der Antragstellerin verwendeten Geräts „Lipo-Z“ – selbst bei ordnungsgemäßer Einweisung in dessen Bedienung durch den Hersteller – und die mit der Durchführung einer Kryolipolyse-Behandlung verbundenen möglichen Nebenwirkungen (s. hierzu die Berichte zu entsprechenden medizinischen Studien von Dr. med. Matthias Sandhofer/Dr. med. Martina Sandhofer/Dr. med. Ruth Sandhofer-Novak/Dr. med. Patrick Schauer, Zur Kryolipolyse in der dermatologischen Praxis, Kosmetische Medizin 3.13, S. 22-25 und Dr. med. Elisabeth Hauenstein, Zur Kryolipolyse unter besonderer Berücksichtigung allgemeinärztlich/internistischer Risikofaktoren, Kosmetische Medizin 4.14, S. 26-28) medizinische Kenntnisse erforderlich zu machen.

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei § 5 HeilPrG um ein potentielles Gefährdungsdelikt handelt, zu dessen Verwirklichung es ausreicht, dass die unerlaubte Heilbehandlung bei genereller Betrachtung der konkreten Tatumstände gefahrgeeignet sein kann (BGH, U.v. 22.6.2011 – 2 StR 580/10 – juris). In Anbetracht der mit der Kryolipolyse-Behandlung einhergehenden möglichen Gesundheitsgefahren erscheint es auch unter Beachtung des Gewichts von Art. 12 GG und der zu erwartenden finanziellen Einbußen interessengerecht, dass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin für die Dauer des Hauptsacheverfahrens vorläufig hinter das Vollzugsinteresse zurücktritt.

Fazit: Ausschlaggebend ist, ob durch eine Kryolipolyse-Behandlung – nicht unerhebliche – Gesundheitsgefährdungen für den Kunden hervorgerufen werden können. Hierzu ist in der Regel ein Sachverständigengutachten erforderlich. Ist dies der Fall, ist zur Ausübung eine Heilpraktikererlaubnis erforderlich. Da im Falle der Einstufung als Heilkunde ein Verstoß gegen ein Strafgesetz droht, sollte jeder Anbieter diese Frage vor Aufnahme der Tätigkeit klären.