Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern

Die Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern wurden im Bundesanzeiger vom 22.12.2017 veröffentlicht. Sie treten am 22. März 2018 in Kraft. Nachfolgend sollen die Leitlinien einer ersten rechtlichen Bewertung unterzogen werden.

Die Leitlinien zielen auf eine bundesweit einheitliche Heilpraktikerüberprüfung ab und stellen den Schutz des einzelnen Patienten stärker in den Vordergrund. Gemäß § 2 Absatz 1 lit. i DVO-HeilprG n.F. sind die Überprüfungen nunmehr auf Grundlage der Bundes-Leitlinien durchzuführen. Die Länderrichtlinien erhalten als ergänzende und ausfüllende Regelungen, insbesondere auch zur Wahrung der Durchführungskompetenzen der Länder, Bedeutung.

Die Überprüfungsleitlinien orientieren sich am Ziel der Gefahrenabwehr und sollen insbesondere gewährleisten, dass Heilpraktikeranwärter die Grenzen ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten zuverlässig einschätzen, sich der Gefahren bei Überschreitung dieser Grenzen bewusst und bereit sind, ihr Handeln angemessen daran auszurichten. Dies beinhaltet sowohl rechtliche wie medizinische Kenntnisse, aber auch einen der späteren Tätigkeit entsprechenden Nachweis von Fertigkeiten in der praktischen Anwendung dieser Kenntnisse.

Die aktuelle Leitlinie des Bundesgesundheitsministeriums definiert Inhalt, Umfang und formelle Ausgestaltung der Heilpraktikerüberprüfung, dies gilt insbesondere für das zur Ausübung des Heilpraktikerberufs erforderliche medizinische Wissen. (Vgl. Punkt 1.5 der Leitlinien (medizinische Kenntnisse).)

Bislang galt der Grundsatz, dass die Heilpraktikerüberprüfung keine naturheilkundliche Fachprüfung darstellt, sondern ausschließlich auf den Aspekt der Gefahrenabwehr ausgerichtet ist. Sie soll die Bevölkerung vor Gefahren bewahren, die durch die Behandlung eines ungeeigneten Heilpraktikers drohen. Die Überprüfung soll insbesondere gewährleisten, dass der Heilpraktiker über die erforderlichen Kenntnisse verfügt, zu erkennen, wann eine ärztliche Behandlung angezeigt ist. Sie belegt jedoch keine Fachqualifikation des Heilpraktikers in Bezug auf naturheilkundliche Behandlungsformen. Die Überprüfung ist kein Staatsexamen mit verminderten Anforderungen.

Die neuen Leitlinien des Bundesgesundheitsministeriums gehen teilweise über diesen Grundsatz hinaus. Gemäß Punkt 1.6.2 der Leitlinie muss die antragstellende Person nunmehr in der Lage sein, dem Heilpraktikerberuf angemessene Methoden der Patientenuntersuchung anzuwenden. Es ist unklar, was hierunter konkret zu verstehen ist.

Die antragstellende Person muss ferner unter Anwendung ihrer medizinischen Kenntnisse, unter Einbeziehung vorliegender Befunde, gestützt auf ihre Anamnese und im Bewusstsein der Grenzen ihrer diagnostischen und therapeutischen Methoden sowie möglicher Kontraindikationen in der Lage sein, eine berufsbezogene Diagnose zu stellen, aus der sie einen Behandlungsvorschlag herleitet, der keine Gefährdung der Patientengesundheit erwarten lässt. Die antragstellende Person muss insbesondere dann, wenn der Behandlungsvorschlag die Anwendung invasiver Maßnahmen beinhaltet, in der Lage sein zu zeigen, dass sie diese Maßnahmen ohne Gefährdung der Patientengesundheit anwenden kann. Enthält der Behandlungsvorschlag der antragstellenden Person Maßnahmen, die den alternativen Therapieformen zuzurechnen sind, muss sie die vorgeschlagenen Maßnahmen erklären und auf Nachfrage in der Lage sein zu zeigen, dass sie diese ohne Gefährdung der Patientengesundheit anwenden kann.

Diese Anforderungen stehen in einem Spannungsverhältnis zur gesetzlichen Intention der Heilpraktikerüberprüfung. Ziel der Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten der antragstellenden Person ist es, festzustellen, ob von ihrer Tätigkeit bei der Ausübung von Heilkunde eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung im Allgemeinen oder die Patientinnen und Patienten im Besonderen ausgehen kann. (§ 2 Absatz 1 lit. i. DVO-HeilprG n.F.)

Dies rechtfertigt gefahrenabwehrrechtlich geprägte Überprüfungsgegenstände, wie z.B. schulmedizinisches Grundlagenwissen oder Kenntnisse über Anforderungen der Hygiene. Darüber hinaus ist die Wirksamkeit bei zahlreichen alternativen Behandlungsformen wie z.B. der Homöopathie oder Akupunktur – selst bei einer Ausführung lege artis – stark umstritten. Der prüfenden Arzt ist kaum in der Lage, angemessen zu bewerten, ob eine alternativheilkundliche Therapie “korrekt” ausgeübt wird und dies einen Heilerfolg bewirkt. Dies gilt insbesondere für Behandlungsformen aus Randbereichen wie z.B. energetische oder scharmanische Heilverfahren. Zudem könnte von Kritikern eingewandt werden, dass es unerheblich sei, ob die Maßnahme korrekt durchgeführt würde, weil sie selbst dann unwirksam sei. Nach dieser Logik würde beispielsweise die unsachgemäße Ausübung der Homöopathie keine höheren Gefahren hervorrufen, als die ordnungsgemäße Anwendung. Aus diesem Grund muss auch weiterhin der Gedanke der Gefahrenabwehr im Zentrum der Heilpraktikerüberprüfung stehen. Dieser wird vornehmlich durch die Überprüfung der in den Leitlinien genannten – schulmedizinischen – Kenntnisse gewährleistet. Eine Fachprüfung über naturheilkundliche Verfahren ist rechtlich nicht geboten.

Sofern die Leitlinien die Überprüfung einer der späteren Tätigkeit entsprechenden Demonstration von Fertigkeiten in der praktischen Anwendung fordern, ist auch dies in einem gefahrenabwehrrechtlichen Sinne zu verstehen. Durch die Tätigkeit (z.B. das Legen einer Infusion) dürfen keine Risiken für die körperliche Integrität des Behandelten hervorgerufen werden. Eine rein qualitative Beurteilung der Ausübung eines naturheilkundlichen Verfahrens kann hingegen für die Erteilung der Erlaubnis nicht maßgeblich sein.

Es bleibt mit Interesse abzuwarten, wie die neuen Vorgaben in den alsbald folgenden Überprüfungen umgesetzt werden. Die Zahl der Ablehnungsbescheide dürfte ebenso steigen wie die Zahl von Widerspruchs- und Klageverfahren. Weitere Infos hierzu sind HIER abrufbar.